Vom Bau der Reichsautobahn München - Landesgrenze

heutige A8   Inbetriebnahme 1938

Auszüge aus der Zeitschrift "Straßenbauer und Straßenbenutzer" 1935, Autor Friedrich Doll

Ergänzt durch Original-Ansichtskarten aus meine Sammlung Volker Wichmann 19.2.2005

An dem Beispiel des Baues der Reichsautobahn München-Landesgrenze sollte gezeigt werden, welche Maßnahmen ergriffen wurden, um die Vorarbeiten und Entwurfsarbeiten in kürzester Frist durchzuführen und die Bauarbeiten selbst in schärfstem Zeitmaß in Gang zu bringen und vorwärts zu treiben. Es soll ferner gezeigt werden, welche Leistungen im Laufe eines Baujahres erzielt wurden.

Im Verlauf der Strecke wird eine reichliche Zahl von Auffahrten geschaffen, so daß die verschiedenen Luftkurorte und Ausflugsziele des Gebirges und der Vorberge von Tegernsee bis Berchtesgaden über die Autobahn von München aus in kürzester Zeit zu erreichen sind.
Bei Föching mündet eine neu gebaute Zubringerstraße in die Kraftfahrbahn, die dem Verkehr nach Bad Tölz und Tegernsee dienen wird. Bei Standkirchen wird der Verkehr Miesbach-Schliersee-Bayrischzell abzweigen. Weitere Auffahrten sind vorgesehen bei Irschenberg

   

, Eulenau, Pfraundorf — hier für den Verkehr nach Kufstein-Innsbruck und Rosenheim —, bei Rohrdorf für den Verkehr auf dem rechten Innufer, bei Frasdorf für den Verkehr nach Aschau und Prien und das nördliche Chiemsee-Ufer. Am Chiemsee selbst sind Auffahrten bei Bernau, Falt und Feldwies im Bau. Am Chiemsee ist ferner ein Parkplatz vorgesehen.

Die Auffahrt Siegsdorf dient dem Verkehr zur Alpenstraße Inzell-Mauthäusl-Berchtesgaden und dem Traunsteiner Verkehr. Der Bad Reichenhaller Verkehr mündet bei Piding in die Autobahn ein.

Die auf Grund des Vorentwurfs von der Obersten Bauleitung durchzuführenden Untersuchungen über die geologischen, landschaftlichen und sonstigen Verhältnisse waren bei der Kraftfahrbahn München-Landesgrenze von besonderer Bedeutung. Die Führung der Autobahnstrecke in einer vielfach unerschlossenen Landschaft von überragender Schönheit verpflichtete uns Ingenieure dafür zu sorgen, daß die Autobahn nicht als grober Eingriff in die Natur erscheint, sondern sich vielmehr möglichst harmonisch in sie einfügt. Nach dem Willen Hitlers sollte die Strecke München-Landesgrenze keine öde Rennstrecke werden, sondern eine Kraftfahrbahn, die dem Benutzer die Schönheit unserer prächtigen Alpenlandschaft voll erschließt.
Bei der Kraftfahrbahn München-Landesgrenze ist es uns trotz der Schwierigkeiten des Geländes gelungen, im allgemeinen die Linie so zu führen, daß, von einigen wenigen Abschnitten abgesehen, die Neigung von 5% nicht überschritten wird. Größere Steigungen bestehen am Irschenberg und beim Abstieg zum Chiemsee, wo eine Neigung im Gefälle mit 7,5% und in der Steigung von 7% einlegen werden mußte.  Für den Abschnitt München-Siegsdorf wird der bekannte

Regelquerschnitt von 24 m Breite ausgeführt. Für den Abschnitt Siegsdorf-Landesgrenze hat der Herr Generalinspektor einen Querschnitt von 17 m Breite ohne Mittelstreifen genehmigt. Zwei Gründe waren für die Verringerung der Breite in diesem Abschnitt maßgebend. In Siegsdorf zweigt die deutsche Alpenstraße Inzell-Mauthäusl-Reichenhall-Berchtesgaden ab. Die Autobahn wird dadurch sehr stark entlastet, so daß eine Verminderung ihrer Breite ab Siegsdorf gerechtfertigt ist. Außerdem ließen es die geologischen Verhältnisse ratsam erscheinen, die Moränenhänge östlich von Neukirchen so wenig als möglich anzuschneiden.

Für die großen Brückenbauten über die Mangfall

      

 und den Inn, deren Inangriffnahme besonders vordringlich war, wurden Wettbewerbe unter den großen deutschen Brückenbaufirmen und Tiefbauunternehmungen ausgeschrieben. Zugleich mit dem Entwurf wurden auch verbindliche Angebote verlangt, um sofort nach getroffener Entscheidung mit den Bauarbeiten beginnen zu können. Für die Überquerung des Inns wurde der Entwurf der Münchner Bauunternehmung Leonhard Moll für eine Eisenbetonbalkenbrücke gewählt. Er entsprach in wirtschaftlicher, schönheitlicher und technischer Beziehung am meisten. Bei der Mangfall wurde eine Stahlbalkenbrücke über 3 Öffnungen zur Ausführung bestimmt und die Fahrbahn geschlossen ohne Mittelstreifen durchgeführt.

      

(die Brücke wurde kurz vor Kriegsende gesprengt und durch eine Notbrücke ersetzt)

 

Am 1. September 1933 wurde die Oberste Bauleitung München eingerichtet. Im Oktober wurde mit den Holzfällarbeiten im Brunnthaler Forst und am 15. November bereits mit den Erdarbeiten bei Unterhaching begonnen. Geländeaufnahmen und alle sonstigen Vorarbeiten wurden trotz strenger Kälte und hoher Schneelage den ganzen Winter 1933/34 über fortgesetzt. Ebenso wurden die Bauarbeiten selbst auch während des Winters fortgeführt. So war es möglich, daß am 21. März 1934 bei Eröffnung der Arbeitsschlacht in Unterhaching bereits 2700 Mann antreten konnten. Um möglichst viele Arbeitskräfte ansetzen zu können, werden, wie bei allen Obersten Bauleitungen, die Arbeiten überwiegend im Handschacht durchgeführt. Nur in bestimmten Ausnahmefällen, wie z. B. beim Mooraushub, ist der Einsatz von Baggern erlaubt worden. In rascher Folge wurden die einzelnen Abschnitte baureif gemacht und in Angriff genommen.
Am 12. September 1934, genau 1 Jahr nach Einrichtung der Obersten Bauleitung München, stand der gesamte Abschnitt von München bis Siegsdorf mit einer Länge von rd. 100 km in Arbeit. Die Steigerung der Arbeitsleistung drückt sich aus in dem Einsatz der Arbeitskräfte und des Gerätes. Im November 1933, bei Beginn der eigentlichen Erdarbeiten, bestand die Belegschaft aus 600 Mann. Am 21. März 1934 bei Eröffnung der Arbeitsschlacht war sie auf 2700 Mann gestiegen. Anfang September 1934 waren es 7700 Mann. Am 1.Dezember 1934 war die Höchstzahl seit Baubeginn mit 11750 Mann erreicht. In fast allen Abschnitten wird in Doppelschicht, in verschiedenen Losen sogar in 3 Schichten gearbeitet. Im Dezember 1934 waren auf der Gesamtstrecke 259 Baulokomotiven und 4400 Kippwagen mit 270 km Baugleis eingesetzt. Außerdem waren insgesamt 65 Baggergeräte verschiedenster Art und 24 Straßenwalzen in Verwendung. Mit diesem Kräfte- und Geräteeinsatz wurden im ersten Baujahr folgende Leistungen erzielt:
  • 1790 Bohrlöcher und Schürfgruben, 1360000 m2 Rodung, 1460000 m3 Mutterbodenabtrag, 4220000 m3 Erd- und Felsbewegung
  • 2600 t Stahlkonstruktion.
  • An sonstigem Stahl, Rundeisen, Spundwände usw. wurden 5 800 t verarbeitet
  • 96 500 m3 Beton für Bauwerke, 16000 m3 Eisenbeton, 220000 m2 Betonfahrbahndecken.
  • 88 Bauwerke, Brücken und Durchlässe sind fertiggestellt.
  • Die Gesamtzahl der geleisteten Tagewerke beträgt: 1866000.
Bei Beurteilung der Leistungen ist zu bedenken, daß der größte Teil der Strecke in einem Gelände verläuft, das starke Höhenunterschiede aufweist, wodurch für dieMassenbewegung erheblich Schwierigkeiten erwachsen.

Im weiteren Ausbau der RAB München - Salzburg wurde in den Jahren 1936-1938 die Talbrücke bei Bergen Obb. errichtet.

   

diese Brücke überlebte die Kriegswirren